Die ersten Monate Stillen: Soor & andere Geschichten

Stillen – vor und auch während der Schwangerschaft hab ich mir über das Stillen nicht viel nachgedacht. Kommentare von anderen, dass Stillen durchaus am Anfang schwierig sein kann, habe ich ignoriert. Stillen ist ja natürlich, dachte ich. Das sollte ja wohl kein Problem für mich werden. Ich hatte natürlich auch das Glück einer unkomplizierten und schönen Schwangerschaft (abgesehen von starker Übelkeit in den ersten Monaten) und habe einfach gedacht, es würde mit Baby dann alles genauso smooth und entspannt laufen. 

Leider war das Stillen dann aber doch schwieriger. Die ersten Tage ging es noch ganz gut, aber schon das richtige Anlegen fand ich kompliziert. Im Liegen Stillen ging gar nicht, weshalb ich regelmäßig im Sitzen beim Stillen eingeschlafen bin. Die Folge der ungewohnten Belastung waren außerdem wunde Brustwarzen, die das Stillen schnell ziemlich schmerzhaft gemacht haben. Dazu kam ein Vasospasmus (Weißfärbung der Brustspitze durch Verengung der Blutgefäße), der ebenfalls Schmerzen verursacht. Und die Schmerzen wurden nicht besser, sondern eher immer schlimmer. Ich hatte heftig brennende, stechende Schmerzen in der Brustwarze, ausstrahlend in die Brust bis in die Achselhöhle. Häufig wurden die Schmerzen nach dem Stillen noch schlimmer.

Und ich immer verzweifelter – so konnte Stillen doch nicht sein? Das konnte man doch nicht 6-12 Monate aushalten?

Nach ein paar Wochen und mehreren Stillberatungen stellte sich heraus, dass mein Sohn und ich eine Soor-Infektion bekommen hatten. Zumindest war das endlich eine Erklärung für die Schmerzen. Allerdings entwickelte sich daraus gleich das nächste Problem: mein Sohn hatte nicht richtig zugenommen. Der Kinderarzt empfahl uns kurzfristig zuzufüttern und parallel Abzupumpen, um meine Milchmenge zu erhöhen. Ich, überwiegend allein zuhause mit Baby, (Corona hat es auch alles nicht einfacher gemacht) war überfordert. Und versuchte trotzdem all dem zu genügen: Also Dauerstillen + nachts aufstehen, um noch einmal mehr abzupumpen. Das war eine sehr anstrengende Phase, vor allem da ich mir gleichzeitig natürlich immer Sorgen gemacht habe - Sorgen, ob mein Sohn genug bekommt, gesund zunimmt, als Mutter zu genügen... 

Zum Glück war es bei uns tatsächlich nur eine vorübergehende Phase. Nach ein paar Wochen konnte ich wieder vollstillen und Fläschchen und Milchpumpe gehörten der Vergangenheit an. Aber diese Phase hat meinen Blick auf das Stillen sehr verändert. Ich weiß jetzt, das Stillen nicht immer einfach und entspannt ist. Stillen ist eine sehr persönliche Sache und eine wechselseitige Beziehung zwischen Mutter und Kind - beiden muss es damit gut gehen. Gleichzeitig habe ich einmal mehr gelernt, meinem Körper zu vertrauen. Und Vorstellungen und Erwartungen loszulassen. Es muss und kann nicht alles perfekt sein. 

In dem Sinne: Stillprobleme lassen sich lösen. Aber das bedeutet nicht, dass Vollstillen (oder überhaupt stillen) immer die Lösung sein muss. Wenn es der Mutter besser damit geht, ist es auch völlig verständlich, wenn die Lösung auch langfristig das Fläschchen ist. Das Wichtigste für das Baby ist immer das Wohlbefinden der Mutter. Das ist die wichtigste Nahrung.  

Exkurs: Soor

Die Behandlung von Soor ist relativ kompliziert, da es häufig zu Rezidiven kommt. So auch bei uns. Letztlich losgeworden sind wir es erst durch eine mehrwöchige Behandlung. 

Was ist Soor?

Soor ist eine schmerzhafte Pilzinfektion mit dem Pilz Candida albicans, die sowohl beim Baby in Form von Mund- und Windelsoor, als auch bei der Mutter als Brustsoor auftreten kann. Meist sind sowohl Mutter, als auch Kind betroffen. In jedem Fall müssen beide behandelt werden, da ansonsten die Gefahr einer Wiederansteckung droht, auch wenn bei einem der beiden gar keine Symptome vorliegen.

Der Hefepilz Candida albicans, durch den eine Soor-Infektion entsteht, befindet sich bereits oft – jedoch im Gleichgewicht mit anderen Mikroorganismen – auf dem menschlichen Körper und ist daher völlig harmlos. Gerät dieses Zusammenspiel jedoch aus der Balance, kann es passieren, dass er sich stark vermehrt und so eine Infektion und somit Soor entsteht. Gründe sind vielfältig: ein geschwächte Immunsystem, Stress, Müdigkeit, falsche Hygiene, einseitige Ernährung – es gibt viele Hypothesen dazu, wann und weshalb Soor entstehen kann. Luftarme, feuchte Stellen sind besonders anfällig, weshalb die Brustwarze (Stilleinlagen) und Windelbereich besonders häufig betroffen sind.

Brustsoor zeigt sich meist durch:

-       Juckende, brennende Brustwarzen mit rissiger Haut

-       perlmuttartiger Glanz, gerötete, rosa- oder gar lilafarbene Brustwarzen, ggf. mit weißlichem Belag

-       während oder nach dem Stillen ein Brennen oder Stechen in der Brust 

Soor ist schmerzhaft (und wirklich nervig), aber man kann es wieder loswerden. Am besten lässt du dich von deiner Hebamme oder Gynäkologin beraten. Meist wird ein Antimykotikum verschrieben, das sowohl Mutter als auch Kind anwenden müssen. 

Das Gute ist:

Wir haben es überstanden und irgendwann wurde Stillen dann entspannter und natürlicher und ich stille nach 15 Monaten immer noch – aber ich wollte gern teilen, wie der Weg dahin aussah. Für andere, die sich mit ihren Stillproblemen vielleicht allein fühlen. Für andere, die an sich selbst zweifeln, weil es nicht so klappt, wie gedacht und gewünscht. Für mehr Offenheit und Ehrlichkeit.  

Melde dich gern, wenn du Fragen hast - oder deine eigenen Erfahrungen teilen möchtest.

Ich freue mich, von dir zu hören!

Love

Helen

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